Der geheime Basar by Ron Leshem

Der geheime Basar by Ron Leshem

Autor:Ron Leshem
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Roman
ISBN: 9783644108110
Herausgeber: Rowohlt Digitalbuch
veröffentlicht: 2011-03-20T23:00:00+00:00


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Schaidas Leiter

15

Zahra Chazuri ist Schaida.

Ein schwacher Lichtfleck. Treppen, die in einen Keller hinunterführen.

Eine dunkle Nische, in die Wand gehauen. Blätternder Verputz. Eine flackernde Glühbirne.

Hinter rostigen Gitterstäben zwei Gefangene, Frauen. Ein schweres Vorhängeschloss. Sie sehen sich ähnlich. Mutter und Tochter. Gepflegt. Barmherzige Gesichter, trügerisch.

Die Tochter ergreift einen Holzstuhl, der im Zentrum des Raumes steht, hält ihn fest. Die Mutter steigt darauf, setzt ihre bloßen Fußsohlen auf die Rückenlehne. Streckt ihre zerkratzten Arme aus, zerlegt die Fassung der Lampe, die an einer kurzen Kette von der rauen Betondecke herabhängt. Sie entfernt einen rostigen Haken. Versteckt ihn in ihrer Tasche. Sagt zu ihrer Tochter: «Schaida, auch wenn du keine Hure wärst und ich nicht die Hure, von der du gesäugt wurdest, wärst du als giftige, ausbeuterische Spinne geboren worden, die es nicht besser weiß, als jeden zu beißen, der sie auf seinem Rücken trägt, so bist du geboren, und so wirst du sterben.»

Der Hof. Ein alter schwarzer Ford-Laster rattert auf den Parkplatz. Ein hochgewachsener, dünner Mann. Eine kleine, aufgedunsene Frau, über deren Schulter eine lange Waffe hängt. Zwei gefährlich aussehende Hunde strecken sich auf der Matte am Eingang aus, wirken betäubt. Das Paar geht hinein. Sein Gesicht ist scharf geschnitten, ihres verschwommen. «Wascht euch!», schreit der Mann von oben den beiden Gefangenen zu. «Heute Abend kommt ein neuer Kunde, hoher Polizeibeamter.»

Die bewaffnete Frau steigt in den Keller hinunter. Sie entfernt das Vorhängeschloss, betritt die dunkle Nische, eine Eisenschüssel in der Hand, die sie Schaida reicht. Essen. Hundefutter vielleicht. Die Mutter zieht die eine Hand aus der Tasche, da ist der rostige Haken, und mit einem schnellen Aufwärtsschwung bohrt sie ihn tief ins Herz der Dicken hinein. Die Tochter ist vollkommen erstarrt. Die Dicke vergießt Tränen, matte, traurige Lider. Die Mutter zieht den Haken aus dem blutenden Fleisch und schnappt sich die Eisenschüssel, schüttet die trockene Nahrung in ihre hohlen Hände und von dort in ihre Taschen. Die beiden rennen zur Treppe. Es scheppert, das war die Schüssel, und auch der Mann fällt zu Boden. Der Haken steckt in seinem Hals. Die Frauen flüchten nach draußen. Die Hunde mit dem raubgierigen Aussehen blinzeln, jeder mit einem Auge, gewahren die bloßen Füße, die um ihr Leben fliehen, schießen von ihrem Platz hoch und stürzen ihnen nach.

Wald. Langes Jaulen. Schaida und die Mutter hechten über Zweige und dornige Hindernisse. Sie werfen panische Blicke nach hinten. Dann ein Abgrund, eine Schlucht, eine hohe Felswand. Ein tosender Wasserfall donnert herab, daneben eine lose schwankende Strickleiter. Schaida stürzt sich auf die Leiter. Die Mutter hinterher. Ein Hund ist der Mutter auf den Fersen, schnappt zu, verbeißt sich in einen Fuß, zieht sie nach unten. Sie schreit: «Hilf mir, Schaida, warte auf mich, zieh mich rauf.» Der zweite Hund springt an der Leiter hoch. Schaida schaut kurz zurück, der Blick eingefroren, klettert weiter. Oben angelangt, löst sie die Leiter vom Fels und wirft sie zusammen mit dem Hund hinunter. Von unten grauenhafte Schreie der Mutter. Schaida setzt ihren Weg fort. Geht langsam, schleppend. Hinter ihr sind keine Hunde mehr. Der Weg ist lang.



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